Niedriger cW-Wert mit Vollheck möglich!

Soll der Luftwiderstand von Fahrzeugen - ihr cW-Wert - weiter reduziert werden, so bieten sich dazu zwei Ansätze: Die Verbesserung der Umströmung

  • der Unterseite des Fahrzeuges einschließlich der Räder;
  • des Hecks
 

Hier soll zunächst allein auf das Heck - und zwar speziell auf das stumpfe Heck - eingegangen werden. Die dort auftretenden Strömungsformen sind an elementaren stumpfen Körpern eingehend erforscht worden. Von der Anwendung der dabei gewonnenen Erkenntnisse auf reale Fahrzeuge kann eine beachtliche Verringerung des cW-Wertes erwartet werden. Weitere Fortschritte, so ist zu vermuten, können mit Strömungseffekten erzielt werden, die noch nicht in allen Einzelheiten erforscht sind.

Eine große Mannigfaltigkeit von Automobilen ist mit einem stumpfen Heck ausgestattet. Beim Pkw hat sich dafür der Ausdruck "Vollheck" eingebürgert; gern wird auch die Bezeichnung "Kammheck" gebraucht, wenngleich nicht jedes Vollheck "von selbst" ein Kammheck ist. Das Vollheck ist die vorherrschende Form bei:

 
 
  • kompakten Pkw;
  • aus Limousinen abgeleiteten Kombis;
  • Vans;
  • SUVs;
  • Nutzfahrzeugen und zwar bei:
    • Kastenwagen,
    • Bussen,
    • Lkw.
 

Ein großer Teil des Luftwiderstandes eines Fahrzeuges mit Vollheck entsteht an eben diesem Heck. Dort stellt sich ein Unterdruck ein, der, da er an einer Fläche wirksam ist, die annähernd so groß ist, wie die Stirnfläche des Fahrzeuges, die eigentliche Ursache für dessen hohen Widerstand ist.

Wie der auch mit "Basiswiderstand" bezeichnete Widerstand abgebaut werden kann, dazu liegen zahlreiche Vorschläge vor; sie sind in Bild 1 zusammengestellt.

 
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Bild 1:

Vorschläge zur Reduzierung des Basiswiderstandes: a) "Attika"; b) "Cusp" nach Morelli; c) Ausblasen nach Geropp; d) Ausblasen nach Sykes; e) Spoiler nach Young.

 

Alle weisen sie Nachteile auf, die ihre Verwendung bisher verhindert haben: die Ansätze a) und b) verlängern das Fahrzeug; c) und d) verlangen nach einem zusätzlichen Gebläse und sie beanspruchen Raum; e) verbreitert das Fahrzeug. Nicht aufgeführt ist in Bild 1 das Einziehen von Seitenwänden, Dach und Unterboden, das sogenannte "Boat-tailing". Bei Pkw wird es - meist nur verhalten - angewandt; für Nutzfahrzeuge ist es ungeeignet, da es mit einer Verkleinerung des Innenraums und der Durchladebreite einhergeht. Bleibt nachzutragen, dass die Varianten a) und b) für Busse geeignet sind, seitdem deren zulässige Gesamtlänge auf 15 m heraufgesetzt wurde, diese aber selten voll beansprucht wird.

Bevor man darangeht, andere Maßnahmen zur Reduktion des Basiswiderstandes zu entwickeln, ist es erforderlich, sich ein genaues Bild von der Strömung am Heck zu verschaffen. In der Regel findet man dazu ein Modell, wie in Bild 2 skizziert: Ein Totwasser mit zwei gegenläufig drehenden Wirbeln.

 

Bild 2: Strömung hinter einem Vollheck, zweidimensional

 

Diese dem zweidimensionalen Denken entsprungene Vorstellung ist jedoch viel zu einfach - um nicht zu sagen: falsch - und sie führt zu wirkungslosen Maßnahmen: Mit einer Trennplatte, Bild 3, lässt sich nach Hoerner der Basiswiderstand eines zweidimensionalen Körpers fast halbieren.

 

Bild 3: Beeinflussung eines periodischen Totwassers mittels einer Trennplatte; nach Hoerner.

 

Ein Effekt, der jedoch in dreidimensionaler Strömung nicht wiederzufinden ist. Tatsächlich bildet sich im Totwasser hinter einem Fahrzeug ein Ringwirbel, wie in Bild 4 gezeichnet, und dieser lässt sich, wie Tanner nachwies, selbst durch zwei überkreuz angeordnete Trennplatten kaum beeinflussen.

 

Bild 4: Bildung eines großen Ringwirbels im Totwasser hinter einem Vollheck

 

Besondere Beachtung verdient die Scherschicht, die sich, ausgehend von der Abrisskante, zwischen Totwasser und Außenströmung herausbildet; auch diese ist ringförmig. Ein erfolgversprechender Ansatz zur Anhebung des Basisdruckes und damit zur Reduzierung des Widerstandes besteht darin, die Entwicklung dieser Scherschicht zu stören, dadurch den Ringwirbel an seiner Formierung zu hindern und mögliche Pumpschwingungen zu unterdrücken.

Bei Betrachtung des obigen Modells darf nicht übersehen werden, dass die Heckströmung hochgradig instationär ist. Das hier gezeigte Strömungsbild beschreibt bestenfalls einen zeitlichen Mittelwert. Man ist deshalb, wenn man eine Maßnahme für das stationär gedachte Modell entwickelt, vor Überraschungen nicht sicher. Jedoch, angesichts der Chancen, die obiger Ansatz zur Reduktion des cW-Wertes bietet, ein Risiko, das einzugehen sich lohnen dürfte.

 

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